Atypisches hämolytisch-urämisches Syndrom (aHUS) – was ist das?
Ihre Datenschutzeinstellungen verhindern das Laden externer Medien!
Bitte setzten Sie Ihre Einstellungen zurück und wählen Sie aus, welchen Cookie-Kategorien Sie zustimmen möchten.
Das atypische hämolytisch-urämische Syndrom (kurz aHUS) ist eine seltene, aber ernsthafte Erkrankung, bei der das Immunsystem die eigenen Blutgefäße angreift. Sie geht häufig mit einer Schädigung der Nieren einher und kann bei Kindern und Erwachsenen auftreten. In diesem Beitrag erfährst Du, wie das aHUS entsteht, was eine thrombotische Mikroangiopathie (TMA) damit zu tun hat und welche Formen des HUS unterschieden werden.
Das hämolytisch-urämische Syndrom (HUS)
Um zu verstehen, was das HUS ist, muss man sich einen bestimmten Teil des menschlichen Immunsystems genauer ansehen: das Komplementsystem. Es ist Teil unseres Immunsystems. Es besteht aus verschiedenen Eiweißen (Proteinen) in unserem Blut. Wenn ein Krankheitserreger in unseren Körper kommt, erkennen diese Eiweiße den Erreger und beseitigen ihn entweder direkt oder holen andere Immunzellen zu Hilfe, um Erreger zu bekämpfen.
Beim HUS aktiviert ein bestimmter Auslöser (Trigger) das Komplementsystem. Wird das Komplementsystem überaktiviert, reagiert das Immunsystem besonders stark. Das kann dazu führen, dass es den eigenen Körper angreift. Dies führt zu einer thrombotischen Mikroangiopathie (TMA). Die TMA ist ein Überbegriff, ein HUS kann eine Ursache für eine TMA sein. Bei einer TMA werden die Zellen in den Wänden kleinster Blutgefäße geschädigt. Dadurch wird der Blutfluss gestört. Es bilden sich zusätzlich viele kleine Gerinnsel (Thromben). Diese verstopfen kleine Gefäße und stören die Blutversorgung. Gefährdet sind vor allem Organe mit vielen kleinen Gefäßen. Theoretisch können alle Organe des Körpers betroffen sein, am häufigsten aber die Nieren und das Gehirn. Dazu treten Blutarmut (Anämie) und ein Mangel an Blutplättchen (Thrombozytopenie) auf. Dieser Mangel an Blutplättchen erhöht das Blutungsrisiko. Bei einer TMA können durch kleine Blutgerinnsel oder Blutungen verschiedenen Organen geschädigt werden. Das kann lebensbedrohlich sein. Deshalb ist es wichtig, eine TMA früh zu erkennen und zu behandeln.
Wie wird ein HUS diagnostiziert?
Ihre Datenschutzeinstellungen verhindern das Laden externer Medien!
Bitte setzten Sie Ihre Einstellungen zurück und wählen Sie aus, welchen Cookie-Kategorien Sie zustimmen möchten.
Bei einem HUS finden Ärztinnen und Ärzte meistens drei Auffälligkeiten:
Blutarmut (Anämie)
die Zahl der Blutplättchen ist deutlich erniedrigt (Thrombozytopenie)
akute Nierenschädigung
Eine wichtige Diagnose, die einem HUS sehr ähnelt und bei der Untersuchung immer mitberücksichtigt wird, ist die thrombotisch-thrombozytopenische Purpura (TTP). Die Unterscheidung ist sehr wichtig, weil Ursache und Behandlung unterschiedlich sind, obwohl beide eine TMA auslösen.
Was ist der Unterschied zwischen einem atypischen HUS und typischen HUS?
Es gibt zwei Formen des hämolytisch-urämischen Syndroms, das typische HUS (manchmal auch STEC-HUS) und das atypische HUS (aHUS). Im Folgenden erfährst Du, wie sie entstehen und warum die Unterscheidung wichtig ist.
Das typische hämolytisch-urämische Syndrom (STEC-HUS)
Das typische HUS wird häufig auch STEC-HUS genannt. Es ist mit 90% die häufigste Ursache für ein HUS bei Kindern. Am häufigsten tritt es im Alter von 2 bis 5 Jahren auf. Bei Erwachsenen ist ein STEC-HUS deutlich seltener.
Die Abkürzung STEC steht für die Auslöser der Krankheit: Die Bakterie (Escherichia coli) bildet einen Giftstoff (Shiga Toxin). Dieser Giftstoff ist der Auslöser (Trigger) für das Komplementsystem.
Das STEC-HUS ist eine Erkrankung, die durch Bakterien ausgelöst wird. Diese Bakterien sind Durchfallerreger. Deshalb beginnt die Erkrankung oft mit starkem, manchmal blutigem Durchfall. Die Ansteckung erfolgt meist über Nahrungsmittel, welche mit diesen Bakterien belastet sind. Es kann jedoch auch eine Übertragung von Mensch zu Mensch erfolgen, zum Beispiel, wenn ein Familienmitglied krank ist. Für das STEC-HUS gibt es keine spezifische Therapie. Du bekommst Flüssigkeit und Medikamente, um die Beschwerden des Durchfalls zu lindern und Deine Nieren zu schützen. Ein Krankenhausaufenthalt ist dringend notwendig. Dort wirst Du engmaschig überwacht und Deine Blutwerte werden regelmäßig kontrolliert.
Manchmal kommt es zu einer schweren Nierenschädigung. In der akuten Phase kann dann eine Reinigung des Blutes notwendig sein. Diese Blutwäsche (Dialyse) filtert die Giftstoffe aus dem Körper, um Deine Nieren zu unterstützen.
Das atypische hämolytisch-urämische Syndrom (aHUS)
Das atypische HUS (kurz aHUS), auch komplement-vermitteltes HUS genannt, macht 5 bis 10 von 100 HUS-Fällen bei Kindern aus. Bei Erwachsenen ist es die häufigste Form. Bei etwa der Hälfte aller Menschen mit aHUS ist das Komplementsystems von Geburt an verändert. Diese genetische Veränderung bleibt meist unentdeckt, bis ein Auslöser zu einem aHUS führt. Häufig ist der Auslöser eine ansteckende Krankheit, aber nicht immer. Beispielsweise kann es auch im Rahmen einer Schwangerschaft auftreten.
Symptome des aHUS
Die Symptome eines aHUS sind unspezifisch, häufig sind:
Du fühlst Dich krank, müde und schlapp
Durchfall
Konzentrationsstörungen
häufiges oder leichtes Bluten, zum Beispiel des Zahnfleisches
Behandlung des aHUS
Die Behandlung des aHUS soll die Überreaktion des Immunsystems stoppen. Gleichzeitig behandeln Ärztinnen und Ärzte die betroffenen Organe: zum Beispiel die Nieren mit einer Dialyse oder die Blutarmut mit Bluttransfusionen. Oft ist auch der Blutdruck erhöht, was mit Medikamenten behandelt wird. Die Überreaktion des Immunsystems wird hauptsächlich durch zwei Maßnahmen behandelt:
Vor alle eine spezielle Antikörper-Therapie: bestimmte Wirkstoffe hemmen bestimmte Teile Deines Immunsystems, die beim aHUS nicht richtig arbeiten.
Seltener durch Plasmaaustausch: fehlerhafte Eiweiße des Immunsystems werden aus Deinem Blut entfernt (Plasmapherese)
Mehr Infos zur aHUS-Behandlung findest du im verlinkten Beitrag.
In aller Kürze
Das aHUS ist eine ernsthafte Erkrankung, die durch einen Fehler des Immunsystems ausgelöst wird. Von einem aHUS sind deutlich mehr Erwachsene betroffen als Kinder. Meist geht einem aHUS ein Auslöser voraus. Dieser kann bekannt sein (zum Beispiel eine Schwangerschaft, bestimmte Erkrankungen oder Medikamente). Manchmal kennt man den Auslöser aber auch nicht. Symptome sind nicht eindeutig, häufig fällt bei Menschen mit aHUS jedoch eine Blutarmut (Anämie), eine niedrige Zahl von Blutplättchen (Thrombozytopenie) und eine akute Nierenschädigung auf. Die Krankheit wird behandelt, indem mit speziellen Antikörpern das Komplementsystem gehemmt wird oder durch Plasmaaustausch fehlerhafte Eiweiße entfernt werden. Ein wichtiger Risikofaktor dabei ist ein erhöhtes Infektionsrisiko mit Meningokokken.
Raina R, Krishnappa V, Blaha T, Kann T, Hein W, Burke L, Bagga A. Atypical Hemolytic-Uremic Syndrome: An Update on Pathophysiology, Diagnosis, and Treatment. Ther Apher Dial. 2019 Feb;23(1):4-21. doi: 10.1111/1744-9987.12763. Epub 2018 Oct 29. PMID: 30294946.
Picard C, Burtey S, Bornet C, Curti C, Montana M, Vanelle P. Pathophysiology and treatment of typical and atypical hemolytic uremic syndrome. Pathol Biol (Paris). 2015 Jun;63(3):136-43. doi: 10.1016/j.patbio.2015.03.001. Epub 2015 Apr 3. PMID: 25845294.
Loirat C, Frémeaux-Bacchi V. Atypical hemolytic uremic syndrome. Orphanet J Rare Dis. 2011 Sep 8;6:60. doi: 10.1186/1750-1172-6-60. PMID: 21902819; PMCID: PMC3198674.
Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Nephrologie (DGPN), Gesellschaft für Pädiatrische Gastroenterologie und Ernährung (GPGE), Hämolytisch-urämisches Syndrom im Kindesalter, Version 2022-07, Verfügbar unter: AWMF Leitlinienregister, Zugriff am 17.07.2025
Wie findest Du diesen Beitrag?